Kältenotfall im Januar 2009

Bereits zwischen den Jahren erhielt der Verein Meerschweinchen in Not e. V. Kenntnis von der Haltung von Meerschweinchen in einem hessischen Tierpark. Lobenswerterweise hat der zuständige Herr des Tierparks selbst erkannt, dass die Haltung mit den dortigen Verhältnissen nicht mehr vertretbar ist und ihm allein schon die Anzahl der Tiere über den Kopf gewachsen war. Der Verein begann mit der organisierten Planung von Pflegestellenkapazitäten.

Was wir da noch nicht wussten war, dass in Kürze die extreme Kälte auf uns zu kommen würde … Unsere Pflegestellen waren aufgrund eines anderen Notfalls im September 2008, in welchem bereits 64 Tiere aufgenommen wurden, und vielen privaten Abgabetieren noch recht überbesetzt. Trotzdem musste alles plötzlich sehr schnell gehen. Der erste Besuch im Tierpark mit einer Vertreterin einer befreundeten Organisation zeigte uns zwar recht beengte Verhältnisse, aber auf den ersten Blick gesunde Tiere. Aufgrund der angekündigten Kälte wurden von uns zunächst 6 Tiere mitgenommen; das waren die kleinsten und schwächsten Böckchen sowie zwei hochschwangere Weibchen. Alle weiteren Tiere wurden begutachtet und nach Geschlechtern getrennt. Dabei verblieben die Weibchen (viele vermutlich trächtig) in einem geschlossenen, geschützten Häuschen. Die Böckchen, übrigens allesamt unkastriert, mussten dadurch im Aussenbereich verbleiben, der zwar überdacht, aber „offen“ ist.

Die Planung ging also mit Hochdruck weiter. Dann begann es urplötzlich: Zum ersten Mal nächtliche Temperaturen von fast 20 Minusgraden raubten uns mit den Gedanken an die ungeschützten Buben den Schlaf. Am Folgetag ratterte die Organisation dann auf Hochtouren. An einem einzigen Tag fanden Dutzende von Telefonaten mit Helfern aller Art statt, Platz wurde geschaffen, Käfige und Gehege wurden vorbereitet, selbst die überbesetzen Pflegestellen rückten noch weiter zusammen …. und dann kam noch der erlösende Rückruf einer weiteren Organisation mit der Zusage für weitere Aufnahmekapazitäten, quasi zur Untermiete für uns. Damit konnten wir in einer Blitzaktion mit zwei Vorstandsmitgliedern und zahlreichen Transportboxen ALLE noch verbliebenen Böckchen aus der klirrenden Kälte retten. Somit waren bis zum 07.01.2009 insgesamt 56 Tiere, davon 54 unkastrierte Böckchen vor dem sicheren Kältetod bewahrt, denn der Frost hält ja weiterhin an.

Die Tiere wurden zentral genauer begutachtet. Alle sind zwar bildhübsch, aber bei genauerer Betrachtung doch nicht in so gutem Zustand, wie zuvor gedacht. Noch am gleichen Tag wurden alle Tiere mit einer Behandlung gegen Milben, teilweisen Pilzbefall und Infektionen erstversorgt und dann in die Pflegestellen u. a. in Rüsselsheim, Kriftel, Hofheim und Frankfurt übergeben, die die weitere Versorgung übernehmen. Dort angekommen, erreichen uns nun die ersten schönen Fotos mit positiven Meldungen. Auch wenn die Überbrückungszeit für die Tiere und uns mit weiteren Behandlungen und den anstehenden zahlreichen und kostenintensiven Kastrationen noch eine Weile in Anspruch nehmen wird – diese „Bilder danach“ entlohnen uns für die getane Arbeit! Gibt es noch mehr Menschen, die uns und die Tierchen unterstützen möchten? Passiv durch Spenden und/oder auch aktiv durch gelegentliche Mithilfe? Wir freuen uns sehr über jede Unterstützung.

Main-Spitze Rüsselsheim, 08.01.2009
Rüsselsheimer Echo, 08.01.2009 und Krifteler Nachrichten, 16.01.2009

27. Januar 2009

Simone hat beim Radiosender "Radio Bob" einen Hilferuf starten können. Vielen Dank an den Radiosender und an Simone, sie hat das richtig gut gemacht. HIER kann der Mitschnitt angehört werden.

16. Februar 2009

Heute möchten wir Euch mal an dem teilhaben lassen, was uns hier täglich bewegt.

Vielleicht erinnert ihr Euch noch an das allererste Bild vom Tierpark, dessen Böcke wir alle übernommen haben.

Dort saß ein stolzer Bock, erhaben und wohl auch der Chef einer großen Gruppe. Kerstin meinte damals, er jagt und piesackt die anderen ganz schön. Das hat er auch hier nach der Umsetzung getan. Als er dann kastriert wurde, hat sich das Blatt allerdings schnell gewendet und aus dem Jäger wurde der Gejagte.

Dieses Phänomen ging gerade im Tierheim von Box zu Box. Fast wöchentlich musste ich dort Tiere trennen und verbissene Böcke wieder "flicken". Irgendwann ging mir nicht nur die Puste, sondern auch der Platz aus und so musste ich ihn letzte Woche zurücklassen, da ich nicht einen einzigen freien Fleck zum Setzen hatte.

Leider bin ich diese Woche nicht noch zusätzlich ins Tierheim gefahren, was sich als fataler Fehler erwies. Anders als sonst bin ich nur routinemäßig zum Misten ins Tierheim raus gefahren und schon beim Durchgehen fiel mir Nelson sofort ins Auge. Er konnte nicht mehr laufen und auch sein durch unzählige Bisse offener Rücken fiel mir sofort ins Auge.

Erschreckt von seinem Zustand zog ich eine Box raus, füllte diese mit viel Heu, Futter und Grünzeug und setzte ihn separiert erst mal von den anderen weg. Innerhalb kürzester Zeit war die komplette Box leer gefuttert, unter diesen Umständen ein gutes Zeichen. Nach dem Misten bin ich dann sozusagen mit "Blaulicht" nach Hause und habe unsere Tierärztin informiert. Auch sie war nicht weniger erschrocken als ich beim Anblick des Tieres. Er hatte wohl schon seit schätzungsweise 2-3 Tagen nichts gefressen oder fressen dürfen. Er war zudem total ausgetrocknet und sein Rücken lässt sich mit Worten nicht mehr beschreiben.

Gegen die offenen Stellen gibt es jetzt eine Salbe, gegen die Infektion Baytril und gegen die Schmerzen Metacam. Nur eines kann ich ihm nicht geben, ein Mittel gegen die jetzige Einsamkeit.

Gerade dieser Notfall zeigt, wie unbarmherzig die Böcke miteinander umgehen können. Gerade wenn sie mal Weibchen gerochen haben. Für uns hat dieser Notfall auch eine weitere Erkenntnis gebracht: Wir sind am Ende unserer Kapazität und auch mit Geld allein kann man so vielen Tieren nicht helfen.

Deshalb unser Appell an Alle:

Wir brauchen noch immer viele, viele Helfer und Pflegestellen rund um Rüsselsheim und besonders brauchen wir Menschen mit viel Herz für unsere kleinen Fellnasen.

Vielleicht hat dieser Mensch zufällig noch ein paar Meerschweinmädels ohne Kastrat und einen tollen Endplatz, damit die vielen Böckchen wie Nelson eine zweite Chance bekommen und nicht ihrem Schicksal erliegen müssen.

Gerade für Nelson brauchen wir aber jetzt erst mal viele Daumendrücker, denn die Wunden sind nicht nur schmerzhaft. Er hat derzeit nur noch gerade mal 675 g und starken Vitaminmangel, wenn er jetzt aufgrund der Trennung seiner Artgenossen auch noch das Fressen einstellt, hat er verloren. Deshalb denkt jetzt alle an ihn und lasst uns nicht nur auf das schnelle Heilen seiner Wunden hoffen.

Nelson braucht nach Absitzen der Kastration als allererstes ein Weibchen und vielleicht hat er sogar das große Glück, in ein neues Zuhause ziehen zu dürfen. Wir erzählen ihm nun schon mal von Weibchen, die nur auf ihn warten, wenn er das durchhält.

Vielleicht hört uns ja da draußen jemand und erfüllt uns und ihm seinen größten Traum.

zurück